Parametrische Gehäuse aus dem 3D-Drucker

Titelbild

Wenn man eigene Elektronik-Projekte baut, stößt man immer wieder auf das Thema, ein passendes Gehäuse zu finden. Hat man zudem noch besondere Anforderungen spielt das sogar eine Hauptrolle. In diesem Artikel finden Sie eine Möglichkeit, einfach Gehäuse zu konstruieren und für jedes Projekt schnell anzupassen.

Ein Gehäuse für sein Projekt zu finden ist heute einfach. Es gibt eine Reihe von Standardgehäusen bei den üblichen Verdächtigen. Die passen, wie bei meinem Projekt Arduino Würfel, ganz gut. Aber eben nicht immer. Dafür gibt es eine Reihe von Herstellern, die auch Sondergehäuse herstellen.

Bei den Materialien ist es ähnlich, es gibt für jeden Fall das passende: von Kunststoff bis Metall. Soll das Projekt eher in rauen Umgebungen (oder im Freien) eingesetzt werden, ist auch die Wahl der richtigen Schutzklasse wichtig.

Das richtige Gehäuse

Man steht aber meistens vor dem Problem, dass zu Beginn eines Projektes noch gar nicht klar ist, welches Gehäuse das richtige ist. Es wäre sogar wünschenswert, dass das Gehäuse sich während des Projektverlaufs mitentwickelt. Dadurch könnten einfach verschiedene Einbausituationen von Komponenten getestet werden.

Steht ein 3D-Drucker zu Verfügung und ist keine besondere Schutzklasse notwendig, lässt sich das elegant lösen. Es wird einfach das entsprechende Gehäuse konstruiert und gedruckt.

Aber auch das ist unbequem. Für jedes Projekt eine eigene Konstruktion zu erstellen, ist zudem zeitaufwändig. Denn bei jeder Konstruktion sind Fehler möglich, die dann wiederholte 3D-Ausdrucke zur Folge haben können.

Besser wäre es, wenn nur ein paar Angaben wie Länge, Breite, Höhe und Dicke notwendig wären und der Rest automatisch erfolgen würde.

Und das geht!

Parametrisches CAD

Was Sie dafür brauchen, ist ein CAD-System, das eine parametrische Konstruktion erlaubt. Das bietet beispielsweise das Open-Source Projekt FreeCAD. Ich verwende dafür Fusion 360 von Autodesk. Es bietet sehr gute Möglichkeiten in diesem Bereich und ist für die private Nutzung kostenlos.

Beispiel-Gehäuse
Beispiel-Gehäuse aus Unterteil und Deckel

In diesem Beispiel besteht das Gehäuse aus 2 Teilen:

  • Unterteil
  • Deckel

Der Deckel wird mit versenkbaren Blechschrauben z. B. 2,5×16 mm auf dem Unterteil verschraubt. Bevor wir jetzt mit dem Modellieren beginnen, überlegen wir uns deshalb genau diese möglichen Eigenschaften.

Parameterliste

Das sind für ein Gehäuse beispielsweise die Hauptabmessungen, wie Länge, Breite und Höhe oder eben die Abmessungen der Schrauben.

Aber auch alle Detailmaße, die für die Konstruktion notwendig und spezifisch sind: z. B. Dicke, Kantenradius oder Maße für das Verschrauben des Deckels.

Parameterliste
Beispiel für eine Parameterliste für ein Gehäuse mit Deckel

Der Dialog für die Parameter wird in Autodesk Fusion 360 über den Befehl PARAMETER ÄNDERN im Menü ÄNDERN aufgerufen.

Aufrufen der Parameter-Liste
Aufrufen der Parameter-Liste

Am Anfang ist es hilfreich, wenn Sie jeden Parameter, den Sie verwendet möchten, in einer Skizze darstellen. So wissen Sie schneller, was mit welcher Textbezeichnung wirklich gemeint war.

Das ist – wenn Sie viele Parameter verwenden – gar nicht mehr so einfach. Besonders dann, wenn Sie das Modell später wiederverwenden möchten.

Parameter-Übersicht des Beispiel-Gehäuses
Parameter-Übersicht des Beispiel-Gehäuses

Die definierten Parameter werden in der Muster-Konstruktion, anstelle von festen Zahlen benutzt. In Fusion 360 trägt man dazu einfach den Namen des Parameters ein.

Das funktioniert in allen Eingabefeldern, wo beispielsweise eine Länge, ein Abstand, eine Dicke, ein Versatz eingetragen werden muss. Wird ein Wert später geändert, ändert sich automatisch die gesamte Konstruktion.

Skizze
Parameter „Laenge“ wird in einer Skizze verwendet

Auf diese Weise wird die gesamte Konstruktion aufgebaut. Jede variable Abmessung wird in Abhängigkeit eines Wertes aus der Parameter-Liste bestimmt. So aufgebaut sind auch sehr komplexere Gehäuse-Varianten möglich.

Abhängigkeiten

Die Parameter-Variablen sind aber nur ein Teil zur Definition der Konstruktion. Mit ihnen allein kann die Konstruktion nicht vollständig vordefiniert werden. Wir brauchen einen zweiten Teil dazu. In Autocad Fusion 360 heisst dieser: Abhängigkeiten.

Abhängigkeiten dienen dazu, Beziehungen zwischen Konstruktionselementen zu definieren. Unter Abhänigkeiten versteht man Beziehungen wie parallel, lotrecht, kollinear, konzentrisch, gleich, symmetrisch usw.

Bei unserem Gehäuse wird z. B. die Schrauben-Befestigung mit zwei Abhängigkeiten festgelegt:

  • Tangente: der Anfangspunkt der Linie wird als Tangente am Kreis fixiert. Ändert sich der Kreisdurchmesser bleibt die Linie immer eine Tangente
  • Senkrecht: der Endpunkt der Linie steht mit dieser Abhängigkeit immer senkrecht zur Gehäusewand. Bei jeder Änderung des Kreisdurchmessers bleibt diese Linie senkrecht
Definition der Abhängigkeiten
Definition der Abhängigkeiten für die Befestigung der Schrauben

Als Ergebnis erhalten Sie extrem schnell die unterschiedlichsten Gehäuseabmessungen für Ihre Projekte.

Varianten
Verschiedene Varianten durch Parameter-Veränderung

Druckvorbereitungen

Zum Ausdrucken brauchen Sie für die meisten Druckprogramme eine STL-Datei. Diese müssen Sie manuell erzeugen. Im Datei-Menü findet sich bei Autodesk Fusion 360 aber keine Möglichkeit für das STL-Format.

Das erreichen Sie nur, wenn Sie im BROWSER unter KÖRPER mit der rechten Maustaste auf einen Körper klicken. Dort finden Sie den Befehl zum Speichern des ausgewählten Körpers als STL-Datei.

Exportieren eines Körpers
Exportieren eines Körpers als STL-Datei für den 3D-Ausdruck

Hier finden Sie ein Beispiel für ein Gehäuse eines Relais-Karte. Die Öffnungen für die Leitungen, drucke ich nie, weil seitliche Bohrung mit Stützstruktur sehr viel Nacharbeit brauchen und viel leichter zu bohren sind.

Gehäuse für eine Relais-Karte
Gehäuse für eine Relais-Karte

Los geht’s

Bei mir haben sich im Laufe der Zeit einige Basis-Gehäuse angesammelt. Dank Parameter-Listen kann ich sie sehr einfach in ihren Abmessungen verändern. Und so für andere Anwendungsfälle einfach und schnell nutzen.

Wenn die Standard-Form einmal nicht genau passt, ist das auch kein Problem. Die Grundform kann immer noch auf einen spezifischen Fall mit Fusion 360 angepasst oder ergänzt werden.

Legen Sie doch einfach für Ihr nächstes Gehäuse-Projekt parametrisch mit Parametern los. Trainingsvideos zu Fusion 360 finden Sie bei Autodesk.

Viel Spaß beim Konstruieren und 3D drucken!

Download

3D-Modell für das Beispiel-Gehäuse

Und das Beispiel als STL-Dateien

Links

Autodesk Fusion 360 https://www.autodesk.de/products/fusion-360/overview

Autodesk Fusion 360 Training https://www.autodesk.de/products/fusion-360/learn-training-tutorials

FreeCAD https://www.freecadweb.org/

Wikipedia Eintrag zu IP Schutzklassen https://de.wikipedia.org/wiki/Schutzart#Erste_Kennziffer_des_IP-Codes

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